Anmerkung: beim folgenden Text handelt es sich um eine Übersetzung eines Ausschnitts eines englischen Interviews mit Dr. Mark Noar, einem innovativ arbeitenden amerikanischen Gastroenterologen. Das Original findest du hier in der englischen Version von Refluxgate (am Ende des verlinkten englischen Artikels).
Interview mit Dr. Noar:
Sie sind im Bereich Reflux sehr aktiv, vor allem wenn es um die Aufklärung von Ärzten und Patienten geht, auch in Facebook-Gruppen. Warum tun Sie das?
Die medizinische Gemeinschaft besticht nicht gerade damit, ihr Wissen zu vermitteln und den Patienten zu helfen, ihre Krankheit zu verstehen.
Das ist der Grund, warum ich über Reflux aufkläre.
Obwohl ich zuweilen von der medizinischen Fachwelt für meine Arbeit auf Facebook kritisiert werde, denke ich, dass einer der Gründe für meine Ausdauer darin besteht, dass ich Patienten beibringe, ihre Krankheit zu verstehen und mit ihren Ärzten zu kommunizieren. Diese Patienten gehen dann zu ihren Ärzten und verlangen eine angemessene Diagnose und Behandlung.
Ich möchte, dass die Menschen ihre Krankheit verstehen lernen und wie sie richtig diagnostiziert und behandelt werden sollte.
Sobald sie das wissen, können sie mit diesen Kenntnissen ihren Arzt aufsuchen. Sie können ihrem eigenen Arzt mehr Wissen über Reflux vermitteln. Der Arzt kann dann proaktiver werden und das tun, was gegen den Reflux unternommen werden muss.
Wie sollten Patienten ihren Arzt mit dem Wissen konfrontieren, das sie aus dem Internet haben?
Zuallererst sollten sie mehr über ihre Krankheit lernen. Es ist wichtig, mehr über alle Optionen und über das, was getan werden sollte zu erfahren, um die Krankheit zu diagnostizieren.
Dann sollten sie zu ihrem Arzt zurückgehen und auf keinen Fall ein “Nein” als Antwort akzeptieren.
Sie sollten Ihre Erkenntnisse verwenden, um den Arzt zu informieren (zu belehren?). Er, oder sie könnte sich anfangs sehr sträuben. Mir ist z.B. bekannt, dass Ärzte die ganze Zeit sagen: “Oh, mein Gott, Sie kommen hier an und wollen mit mir über etwas reden, was Sie von Dr. Google gelernt haben.”
Diese Reaktion kommt so oft vor, dass meine eigenen Patienten manchmal Dinge sagen wie: “Mir ist klar, dass Sie sauer auf mich sein werden, weil ich das von Dr. Google habe.” Aber meine Antwort darauf ist einfach: “Nein, ich finde es wunderbar.”
Es ist wunderbar, dass sie sich selber Wissen angeeignet haben und es zu mir bringen.
Eines der für mich interessantesten Dinge an Facebook-Gruppen ist, dass es scheint, als hätten ich Tausende von Menschen als meine wissenschaftlichen Mitarbeiter. Sie ziehen los und recherchieren alle möglichen unglaublichen Dinge und finden wenig bekannte Artikel, die ich normalerweise übersehen hätte. Sie bringen sie zu uns, damit wir sie zusammen überprüfen und kritisieren und von ihren Informationen profitieren können.
Für mich ist das phänomenal, weil ich ein besserer Arzt geworden bin, nur weil mir die Leute Kenntnisse verschafft haben, zu denen ich keinen Zugang hatte.
Ärzte sind beschäftigt. Sie haben nicht immer Zeit zum Lesen. Sie können nicht alles lesen. Jedes Jahr erscheinen tausende und abertausende neuer Artikel. Ich kann nicht alle lesen. Mein weltweites Forscherteam aus den sozialen Netzwerken bringt diese Forschungen zu mir.
Wissen ist Macht, und dieses Wissen dem eigenen Arzt zu vermitteln, ist sehr machtvoll. Auf diese Weise wird jeder besser. Langsam, aber sicher wächst die Wissensbasis aller, so dass jeder Zugang zu einem Arzt hat, der über Refluxkompetenz verfügt.
Wenn ich zu einem Arzt gehe und erwähne, dass ich Reflux habe, will man mich fast immer mit Protonenpumpenhemmern behandeln. Ich weiß, dass diese Dinger mir überhaupt nichts gutes tun. Zuerst habe sie ausprobiert, ohne Erfolg. Viele Studien belegen den mangelnden Nutzen von PPI zur Behandlung von Stillem Reflux, der Art von Reflux, den ich habe. PPI sind eher gedacht für die Ursache von Speiseröhrensymptomen, wie Sodbrennen. Aber selbst nachdem ich das erklärt habe, wollen mir einige Ärzte immer noch PPI verschreiben. Das lässt mich nachdenklich werden, wie sinnvoll andere Empfehlungen meines Arztes sind. Woher weiß ich als Patient, ob das, was ein Arzt empfiehlt, ein guter Rat ist oder nicht?
Da kommen wir zur Wurzel des Problems, wenn man einen Arzt aufsucht.
Ärzten wird beigebracht, auf Symptome zu reagieren. Wenn jemand mit Sodbrennen kommt und man ihn auf PPI setzt, werden die meisten Symptome verschwinden. Viele Patienten sind mit einer Pille ganz glücklich, wenn sie dadurch symptomfrei werden. Sie wollen die eigentliche Ursache gar nicht wissen.
Wenn der Arzt eine Pille empfiehlt, muss man diese selbst untersuchen. Aktuelle online-Ressourcen sind beispiellos verglichen mit dem, was in der Vergangenheit verfügbar war. Jetzt kann man jede empfohlene Behandlung selbst bewerten.
Jeder muss für sich selbst die Frage beantworten: Bin ich glücklich mit der Behebung meiner Symptome, wenn meine Krankheit dabei bestehen bleibt, oder will ich, dass die Krankheit selbst verschwindet, so dass ich keine Symptome mehr behandeln muss?
Fragen Sie den Arzt: “Behandeln Sie meine Symptome oder werden Sie die Krankheit heilen?”
Das ist eine wirklich gute Frage an den Arzt. Die gefällt mir. Das waren alle meine Fragen. Haben Sie vielen Dank für Ihre Zeit.
Dies ist der letzte Teil der Interviewreihe mit Dr. Mark Noar.
Wenn Du Dich über die ersten drei Teile informieren möchtest, findest Du hier die Links zu den vorherigen Interviewthemen Magenmotilität, Gastroparese, Magenaustrittsverstopfung und Ursachen von Reflux.