Kann Helicobacter Pylori Reflux verursachen?

Letzte Aktualisierung:
10. Juni 2024

helicobacter pylori reflux

Bei Helicobacter Pylori (H. Pylori) handelt es sich um ein Bakterium, das sich in der Magenschleimhaut einnistet.

Man liest oft online, dass es einen Zusammenhang zwischen einer H. Pylori Infektion und Reflux gibt.

Was genau ist Helicobacter Pylori?

Helicobacter ist ein Bakterium, das den Magen befallen kann. Da der Magen sehr sauer ist, überleben Bakterien dort normalerweise nicht. Helicobacter wendet allerdings einen Trick an: Es produziert ein Enzym, das ihm hilft, Säure zu neutralisieren. Dabei handelt es sich um das sogenannte Urease Enzym. Es spaltet Harnstoff, welches als Abbauprodukt von Protein im Magen entsteht, in Ammoniak und Kohlendioxid. Das entstehende Ammoniak neutralisiert Magensäure. Somit schafft sich das Bakterium ein Schutzschild, das es vor Säure schützt.

Dadurch kann es sich ungehindert in der Magenschleimhaut ansiedeln und sie angreifen.

Neben Urease produziert das Bakterium noch weitere Substanzen, die diese reizen und so zu Entzündungen führen. Daraus können sich Magengeschwüre entwickeln, die starke Schmerzen und Blutungen hervorrufen können. Im schlimmsten Fall kann eine Helicobacter-Infektion Krebs verursachen.1

Zusammenhang zwischen Helicobacter und Reflux

Die Vermutung, Helicobacter könne Reflux verursachen oder verschlimmern, ist weit verbreitet. Tatsächlich ist jedoch das Gegenteil der Fall.

Jedoch liefern die Daten ein gegenteiliges Bild. Menschen mit Helicobacter leiden seltener an einer Refluxerkrankung als Personen ohne Helicobacter.2

So haben mehrere Studien sogar gezeigt, dass Betroffene nach einer erfolgreichen Helicobacter Behandlung Refluxsymptome entwickeln.3

Der Mageninhalt und Reflux sind weniger sauer

Der Grund dahinter ist einfach: Helicobacter reduziert die im Magen produzierte Säure. Da die Magensäure einen starken Einfluss auf die klassischen Refluxsymptome wie Sodbrennen hat, liefert eine Helicobacter Pylori paradoxerweise eine Art Schutzwirkung vor diesen Symptomen.4

Die Antibiotikatherapie verursacht Verdauungsprobleme

Antibiotika haben ein sehr breites Wirkungsspektrum. Das heißt, dass sie nicht nur die schädlichen Bakterien abtöten, die wir loswerden wollen, sondern auch nützliche Bakterien. Viele davon, die unseren Darm besiedeln, sind sehr wichtig für die Verdauung. Sie helfen dabei, Nahrung zu verarbeiten und Nährstoffe aus der Nahrung zu gewinnen. Außerdem produzieren sie Giftstoffe, die schädliche Darmbakterien in Schach halten.5

Nach einer Antibiotikatherapie kommt es oft zu einer Dysbiose im Darm.6 Das bedeutet, dass schädliche Darmbakterien nützliche Bakterien verdrängen und Überhand nehmen. Da eine gesunde Darmflora so wichtig für die Verdauung ist, kommt es bei einer Störung der Balance zu Verdauungsproblemen. Dadurch, dass Verdauungsprobleme wiederum Reflux begünstigen können, kann eine Antibiotikatherapie die Refluxsymptome noch verstärken.7

Die Behandlung von Helicobacter Pylori verbessert in der Regel nicht den Reflux

Experten betonen, dass Helicobacter bei Refluxpatienten nicht zwangsläufig behandelt werden muss.8  Denn eine Beseitigung des Bakteriums hat langfristig keinen positiven Einfluss auf den Reflux. Wie oben bereits beschrieben, kann der Reflux sogar verstärkt werden.

Allerdings kann Helicobacter andere Krankheiten und Beschwerden verursachen, wie Gastritis (Magenentzündung) und Magengeschwüre. Zudem erhöht die Infektion das Krebsrisiko. Von diesen möglichen Problemen sollte die Behandlung abhängig gemacht werden, anstatt vom Reflux.

Circa ein Drittel aller Deutschen sind mit Helicobacter Pylori infiziert

Wichtig ist auch, das Thema im Verhältnis zu sehen.

Die Infektion mit Helicobacter Pylori so häufig, dass man sie praktisch schon als normal bezeichnen kann, genauso wie in unserem Darm eine Vielzahl von Bakterien leben. Manche davon helfen uns, andere können schaden, wenn sie sich zu sehr vermehren. Circa 35% der Bewohner Deutschlands sind mit Helicobacter Pylori infiziert. In Südeuropa und insbesondere Entwicklungsländern sind die Zahlen sogar noch höher. So kann das Bakterium in Spanien und Italien bei mehr der Hälfte der Bewohner nachgewiesen werden.

Jedoch bedeutet ein positiver Nachweis des Bakteriums nicht automatisch, dass es auch Probleme verursacht.

Selbst wenn das Bakterium mit Antibiotika behandelt wird, so besteht nach wie vor die Gefahr einer erneuten Infektion. Es sind dermaßen viele Menschen mit dem Bakterium infiziert, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, es sich früher oder später von jemandem erneut einzufangen.

Jedoch möchte ich anmerken, dass die genaue Rolle von Helicobacter Pylori und wie schädlich es ist, nach wie vor kontrovers diskutiert wird. Insbesondere widersprechen sich Forschungsergebnisse gelegentlich. Somit ist es schwierig, universell gültige Aussagen zu treffen.

Helicobacter Pylori sollte nicht von den Hauptursachen von Reflux ablenken

Grundsätzlich gibt es durchaus organische Ursachen und Störungen, welche Reflux verursachen können. Beispielsweise Probleme mit dem unteren Ösophagussphinkter oder eine Magenentleerungsstörung. Helicobacter Pylori ist dabei jedoch weit unten in der Rangliste von Dingen, welche den Reflux beeinflussen.

Zudem ist es bei vielen Menschen schlicht und ergreifend der Lebensstil und die Ernährung, welche den Reflux begünstigen. Ein paar Änderungen am Verhalten zu machen, bringt bei Reflux oftmals mehr als man denkt. Eine Anpassung der Ernährungsgewohnheiten ist eine wirkungsvolle Maßnahme, Reflux zu reduzieren.9 Im Artikel über Refluxernährung erfährst du, worauf du achten sollest.


Quellen

1. Parikh NS, Ahlawat R. Helicobacter Pylori. StatPearls. 2021.

2. Pace F, Porro GB. Gastroesophageal reflux and Helicobacter pylori: a review. World J Gastroenterol. Jun 2000;6(3):311-314. doi:10.3748/wjg.v6.i3.311

3. Erhöht Eradikation von Helicobacter pylori die Gefahr einer Reflux-Ösophagitis? Arznei Telegramm. Accessed 04.03.2021, https://www.arznei-telegramm.de/html/1997_07/9707079_01.html

4. Rösch W, Labenz J. Helicobacter pylori und Refluxkrankheit der Speiseröhre. Dtsch Arztebl International. 2001;98(31-32):A-2029.

5. Corr SC, Li Y, Riedel CU, O’Toole PW, Hill C, Gahan CG. Bacteriocin production as a mechanism for the antiinfective activity of Lactobacillus salivarius UCC118. Proc Natl Acad Sci U S A. May 1 2007;104(18):7617-21. doi:10.1073/pnas.0700440104

6. Francino MP. Antibiotics and the Human Gut Microbiome: Dysbioses and Accumulation of Resistances. Front Microbiol. 2015;6:1543. doi:10.3389/fmicb.2015.01543

7. Saleem F, Sharma A. Drug Induced Esophagitis. StatPearls. 2021.

8. Peek RM. Helicobacter pylori and Gastroesophageal Reflux Disease. Curr Treat Options Gastroenterol. Feb 2004;7(1):59-70. doi:10.1007/s11938-004-0026-0

9. Festi D, Scaioli E, Baldi F, et al. Body weight, lifestyle, dietary habits and gastroesophageal reflux disease. World J Gastroenterol. Apr 14 2009;15(14):1690-701. doi:10.3748/wjg.15.1690

Über den Autor

Gerrit Sonnabend

Gerrits Sonnabends beruflicher Hintergrund ist in der qualitativen Forschung und Data-Science. Er hatte selbst starken Reflux. Hier kannst du mehr zu Gerrit erfahren.