Wie setzt man PPIs sicher ab, um den Rebound Effekt zu verhindern?

Letzte Aktualisierung:
20. Juni 2024

PPI absetzen

Wer für lange Zeit Protonenpumpenhemmer (PPIs) gegen Sodbrennen eingenommen hat, kennt vermutlich den gefürchteten Rebound Effekt. Sobald du die Refluxmedikamente absetzt, kommt es plötzlich zu starken Symptomen. Oftmals sind die Beschwerden sogar schlimmer als vor der Behandlung. Selbst gesunde Menschen ohne vorheriges Sodbrennen, welche in einer Studie PPI genommen und diese dann abgesetzt hatten, litten für eine Weile nach dem Absetzen aufgrund des Rebound Effekts an Sodbrennen.1 Dies macht es beinahe unmöglich, die Medikamente einfach so abzusetzen.

Was ist der Rebound-Effekt?

PPIs wirken, indem sie die Säureproduktion im Magen hemmen. Sie vermindern zwar nicht den Reflux, aber sie machen ihn weniger sauer. Dadurch reizt weniger Säure die Speiseröhre und das Sodbrennen wird gelindert.2

Der Körper erkennt jedoch den Mangel an Magensäure, welche für eine optimale Verdauung wichtig ist und steuert mit vermehrter Säureproduktion entgegen. Die PPIs machen also den Magen weniger sauer, woraufhin der Magen versucht, die Säureproduktion zu erhöhen, um das Säurelevel nicht zu weit absinken zu lassen.

Solange die PPIs noch eingenommen werden, schafft der Magen es trotz seiner Bemühungen nicht, das Magensäuredefizit auszugleichen. Werden die Medikamente jedoch abrupt abgesetzt, wird der Mageninhalt plötzlich deutlich saurer.

Stell dir das in etwa so vor. Du machst Tauziehen mit einem Freund. Jeder von euch zieht so stark er kann in die entgegengesetzte Richtung. Lässt dein Freund nun auf einmal das Seil los, fällst du plötzlich nach hinten um, da du nicht schnell genug reagieren kannst, um deine Kraft zurückzunehmen, mit der du nach hinten ziehst.

Im Magen passiert in etwa das Gleiche. Der Körper produziert als Antwort auf den Magensäuremangel den Botenstoff Gastrin, welcher normalerweise die Magensäureproduktion ankurbelt. Da sich aufgrund der Medikamente trotz des Gastrins der Säuregehalt im Magen nicht erhöht, produziert der Körper über Wochen, Monate und Jahre hinweg immer größere Mengen an Gastrin. Wenn nun auf einmal der Protonenpumpenhemmer abgesetzt wird, so wirkt das Gastrin auf einmal in seiner vollen Wirkung und produziert viel zu große Mengen an Säure. Die Überproduktion ist umso stärker, je länger die Einnahme der PPI gedauert hat, da dann die Konzentration von Gastrin im Magen entsprechend höher ist.

Nun dauert das Herunterfahren der Gastrinproduktion aber ebenfalls wieder lange Zeit. Es geht nicht von heute auf morgen. Entsprechend kann der Rebound Effekt mit verstärkten Refluxsymptomen längere Zeit anhalten. Zudem bedeutet die hohe Säureproduktion, dass auch mehr Säure im Reflux ist. Dies kann die eventuell bereits ausgeheilten Refluxprobleme, wie beispielsweise eine Speiseröhrenentzündung, wieder neu anfachen und erneut chronifizieren.3

Generell gilt: Je länger die Einnahme der PPI gedauert hat, desto länger und heftiger ist auch der resultierende Rebound Effekt.

Protokoll zum Absetzen von PPIs ohne Rebound Effekt

Um den Rebound Effekt abzumildern, solltest du die PPIs nicht plötzlich absetzen, sondern stattdessen langsam ausschleichen. Dann kann sich der Körper langsam an die geringere Dosis gewöhnen und die Säureproduktion anpassen.

Eine kurzzeitige Einnahme von PPI, beispielsweise für 2 Wochen, führt in der Regel zu keinen spürbaren Problemen. Bei einer Einnahme, die für Monat und darüber hinausgeht, wird in der Regel der Protonenpumpenhemmer ausgeschlichen.

Solltest du beim Senken der Dosis Sodbrennen bekommen, kannst du akute Symptome mit H2 Rezeptor Antagonisten mildern. Diese Medikamente hemmen ebenfalls die Säureproduktion, aber weniger stark und nur für einige Stunden.

Das genaue Protokoll zum Absetzen von PPIs ist individuell. Es hängt zum Beispiel von deinen Beschwerden ab und wie lange du die Medikamente eingenommen hast. Bevor du aufhörst, PPIs zu nehmen, solltest du mit deinem Arzt besprechen, wie du sie am besten absetzt.

In der Regel erfolgt das Ausschleichen von PPIs in zwei Schritten:4,5

  1. Halbierung der Dosis. Zunächst ist das Ziel, deine Dosis auf die Hälfte zu reduzieren. Wenn du beispielsweise bisher täglich 20 mg Pantoprazol eingenommen hast, solltest du auf 10 mg täglich kommen. Falls eine hohe Dosis eingenommen wurde, beispielsweise verteilt auf morgens und abends, kann dieser Schritt zweimal erfolgen, um die Dosis zunächst auf die Hälfte und dann auf ein Viertel zu senken.

  2. Im nächsten Schritt nimmst du die PPIs in der reduzierten Dosis nur noch jeden 2. Tag ein. Solltest du an den Tagen dazwischen Sodbrennen haben, kannst du dieses mit einem H2 Rezeptor Antagonisten, z. B 300 mg Ranitidin, lindern.

Dieser Prozess kann bis zu 4 Wochen dauern, oder in Extremfällen bei sehr langfristiger Einnahme sogar länger. Je mehr der Prozess in die Länge gezogen wird, desto unwahrscheinlicher wird der Rebound Effekt, da das unkontrollierte Überschießen der Säureproduktion minimiert wird.

Fazit: Der Rebound Effekt lässt sich durch Ausschleichen abmildern

Durch Ausschleichen der PPIs lässt sich der Rebound Effekt verhindern oder zumindest abmildern.

Der beste Weg, den Rebound Effekt zu verhindern, ist jedoch PPIs nur vorübergehend einzunehmen. Denn Sodbrennen entsteht, wenn sich die Speiseröhre durch regelmäßigen sauren Reflux entzündet. Eine Behandlung mit PPIs ist dazu gedacht, eine Erholung und Regenerierung der Speiseröhre zu ermöglichen. Dies dauert in der Regel 4 bis 8 Wochen.6

Nach einer so kurzen Behandlungsdauer ist der Rebound Effekt meist relativ mild und PPIs lassen sich ohne größere Beschwerden absetzen.

Der Hauptgrund, warum die meisten Refluxpatienten PPIs dauerhaft einnehmen ist, dass sie der Ursache des Sodbrennens nicht auf den Grund gehen. Wenn du es nicht schaffst, den Reflux zu vermindern, kommen die Symptome nach dem Absetzen der Medikamente bald zurück – unabhängig vom Rebound Effekt.

Daher solltest du die Zeit, in der sich deine Speiseröhre mithilfe von PPIs erholt, dazu nutzen, den Reflux unter Kontrolle zu bekommen. Da Sodbrennen meist auf schlechte Essgewohnheiten zurückzuführen ist, lässt sich der Reflux in den meisten Fällen mit einer Ernährungsumstellung gut unter Kontrolle bringen. In meinem Buch „Schluss mit Sodbrennen“ erfährst du genau, wie du deinen Reflux schnellstmöglich loswirst.


Quellen

1. Reimer C, Søndergaard B, Hilsted L, Bytzer P. Proton-Pump Inhibitor Therapy Induces Acid-Related Symptoms in Healthy Volunteers After Withdrawal of Therapy. Gastroenterology. 2009;137(1):80-87.e1. doi:10.1053/j.gastro.2009.03.058

2. Horn J. The proton-pump inhibitors: Similarities and differences. Clinical Therapeutics. 2000;22(3):266-280. doi:10.1016/S0149-2918(00)80032-6

3. Rochoy M, Dubois S, Glantenet R, Gautier S, Lambert M. Le rebond d’acidité gastrique après arrêt d’un inhibiteur de la pompe à protons: revue narrative de littérature. Therapies. 2018;73(3):237-246. doi:10.1016/j.therap.2017.08.005

4. BJORNSSON E, ABRAHAMSSON H, SIMREN M, et al. Discontinuation of proton pump inhibitors in patients on long-term therapy: a double-blind, placebo-controlled trial. Alimentary Pharmacology and Therapeutics. 2006;24(6):945-954. doi:10.1111/j.1365-2036.2006.03084.x

5. MY APPROACH to Tapering Off a Proton Pump Inhibitor | PracticeUpdate. https://www.practiceupdate.com/content/my-approach-to-tapering-off-a-proton-pump-inhibitor/36802. Accessed June 3, 2020.

6. Pantoprazol-Ratiopharm ® 40 Mg Magensaftresistente Tabletten. www.bfarm.de. Abgerufen am 3. Juni 2020.

Über den Autor

Gerrit Sonnabend

Gerrits Sonnabends beruflicher Hintergrund ist in der qualitativen Forschung und Data-Science. Er hatte selbst starken Reflux. Hier kannst du mehr zu Gerrit erfahren.