Zusammenfassung
- Symptome: Zungenbrennen umfasst Symptome wie Brennen, Missempfindungen, Geschmacks- und Gefühlsveränderungen. Auch Mund, Rachen und Nase können mitbetroffen sein.
- Ursachen: Neben stillem Reflux können u.a. Autoimmunerkrankungen, Nährstoffmangel und Nervenschädigungen Zungenbrennen auslösen.
- Diagnose: Oft als idiopathisches Zungenbrennen diagnostiziert, da eine spezifische Ursache schwer feststellbar ist.
- Behandlung: Medikamente gegen neuropathische Schmerzen. Die Behandlung von stillen Reflux kann Symptome lindern.
- Heilung: Möglich durch Behandlung der Ursache, oft ein langfristiger Prozess. Oft ist nur eine Reduzierung der Symptome möglich, keine hundertprozentige Beseitigung.
Was ist Zungenbrennen?
Trotz seines Namens beschränkt sich Zungenbrennen nicht nur auf die Zunge, sondern betrifft oft auch die Schleimhäute der Mundhöhle und gelegentlich die Lippen. Auch wenn die Symptomatik oft Zungenbrennen genannt wird, sind eine ganze Reihe am Missempfindungen möglich, nicht nur Brennen:
- Brennen
- Jucken
- stechende Schmerzen
- Gefühl von Wundheit, oder Mundtrockenheit
- Geschmacksveränderungen
- Missempfindung von Reizen (beispielsweise können eigentlich normale Berührungen und Geschmäcker als unangenehm, oder schmerzhaft empfunden werden)
Woher kommt das Zungenbrennen?
Die Ursachen für Zungenbrennen sind vielfältig. Hier sind typische mögliche Auslöser:
- Autoimmunerkrankungen, bspw. Sjögren-Syndrom
- Multiple Sklerose
- Fibromyalgie
- Nahrungsmittelreaktionen
- virale und bakterielle Infektionen
- hormonelle Schwankungen
- Nährstoffmangel
- zahnärztliche operative Eingriffe
- Nervenschädigungen
- Refluxkrankheit (stiller Reflux)
In diesem Artikel werden wir uns insbesondere den Auslöser stillen Reflux genauer ansehen.
Zungenbrennen basiert meist auf einer Schädigung der Nerven
Zwar gibt es eine Reihe von potenziellen Auslösern für Zungenbrennen. Meist ist das Resultat bei allen Auslösern jedoch eine Schädigung der sensorischen Nerven. Diese Schädigung führt zu einer Störung der Gefühlswahrnehmung in den betroffenen Bereichen, etwa der Zunge.
Die Schleimhäute in Zunge, Mund und Hals haben eine hohe Dichte von Nervenenden, welche sehr nahe an der Schleimhautoberfläche sitzen. Bei der Zunge ist die Notwendigkeit dafür offensichtlich, da diese Nerven für die Wahrnehmung von Geschmack notwendig sind.
Leider bedeutet diese Nähe zur Oberfläche jedoch auch, dass die Nervenenden wenig Schutz vor schädigenden Einflüssen besitzen.
Durch stillen Reflux verursachte chronische Entzündungen reizen die Nerven
Chronische Entzündungen können über lange Zeit hinweg die Nerven reizen und zu krankhaften Veränderungen führen. Stiller Reflux ist eine häufige Quelle solcher chronischer, oft unterschwelliger Entzündungen.
Die Nervenenden sensibilisieren sich durch die ständige Reizung mit der Zeit. Sie werden empfindlicher für Reize.
Mögliche Resultate dieser Sensibilisierung sind Zungenbrennen, oder andere Missempfindungen. Weswegen diese Sensibilisierung jedoch nur bei manchen Personen passiert, ist unklar. Möglicherweise spielen genetische Faktoren eine Rolle. Vielleicht ist es auch einfach Zufall, also einfach Pech.
Stiller Reflux kann Zungenbrennen sowohl auslösen als auch verstärken
Es gibt zwei Wege, wie stiller Reflux Zungenbrennen beeinflussen kann:
1) Stiller Reflux kann die Grundursache des Zungenbrennens sein: Die durch stillen Reflux verursachten Reizungen der Nerven können der ursprüngliche Auslöser für die krankhaften Veränderungen sein. Wird stiller Reflux gestoppt, so können die Nerven sich mit der Zeit wieder erholen.
2) Stiller Reflux kann eine verstärkende Wirkung haben: Selbst wenn eine andere Grundursache für das Zungenbrennen vorliegt, so ist zusätzlicher stiller Reflux in etwa so, als würdest du Salz in eine Wunde reiben. Entsprechend kann stiller Reflux ein “Trigger” für die akuten Symptome sein. Stillen Reflux zu reduzieren, kann somit auch das Zungenbrennen lindern.
Exkurs: was sind neuropathische Schmerzen?
Zungenbrennen ist eine Form von neuropathischem Schmerz.
Neuropathie bezeichnet eine Erkrankung, bei der Nerven im Körper aufgrund einer Schädigung nicht korrekt funktionieren. Diese Schädigungen können durch eine Vielzahl von Faktoren verursacht werden, darunter Verletzungen, Entzündungen, Diabetes, Infektionen, bestimmte Medikamente, Vitaminmangelzustände und Autoimmunerkrankungen. Neuropathien äußern sich in unterschiedlichen Symptomen, abhängig davon, welche Nerven betroffen sind.
Einige Arten von Neuropathien sind:
- Periphere Neuropathie: Oft verursacht durch Diabetes (diabetische Polyneuropathie), führt zu Taubheitsgefühl, Kribbeln und Schmerzen, typischerweise in den Händen und Füßen.
- Postherpetische Neuralgie: Eine lang anhaltende Schmerzbedingung, die nach einer Gürtelrose (Herpes Zoster) Infektion auftritt.
- Trigeminusneuropathie: Betrifft den Trigeminusnerv im Gesicht und kann zu Gesichtsschmerzen führen.
Manche Neuropathien betreffen viele Nerven im gesamten Körper auf einmal, etwa Diabetes. Andere betreffen einen bestimmten Nerv, oder nur einen kleinen Bereich dieses Nervs, wie beim Zungenbrennen.
Andere ähnliche Symptome, welche auftreten können
Grundsätzlich kann nicht nur die Zunge von Nervenschädigungen als Resultat von stillem Reflux betroffen sein, sondern theoretisch alle Areale, welche der Reflux erreicht.
Ich erhalte viele E-Mails von Betroffenen, welche mir von ihren mysteriösen Symptomen berichten. Auf dieser Erfahrung sind folgende Bereiche besonders häufig von refluxbedingten Nervenschäden betroffen:
- Mundraum und Zunge: neben Zungenbrennen sind beispielsweise auch Brennen des Gaumens und der Lippen möglich, wobei die Zunge am meisten betroffen zu sein scheint
- Rachen: chronisches Halsbrennen
- Nase: die Nase kann ebenfalls betroffen sein, beispielsweise durch ein brennendes Gefühl
- Kehlkopf: Nervenschädigungen im Kehlkopf machen sich etwa durch Schmerzen beim Sprechen und trockenen Reizhusten, oder einen trockenen Räusperzwang bemerkbar
Es gibt zu diesen Formen von Neuropathie bisher nur sehr bruchstückhafte Forschung. Verschiedene Begriffe werden verwendet, je nachdem welcher Bereich betroffen ist, wie Zungenbrennen, Burning Mouth Syndrom (“brennender Mund-Syndrom”), post-viral vagal neuropathy (post-virale Vagusneuropathie).
Ich vermute jedoch, dass das alles künstliche Unterscheidungen sind und allen Symptomen ein ähnlicher Mechanismus zugrunde liegt, nur dass leicht verschiedene Bereiche und Nerven betroffen sind. Jedoch versucht jede medizinische Fachrichtung und manchmal einzelne Forscher ihren eigenen Begriff zu etablieren, weswegen in der Forschung viele verschiedene Schlagwörter zur Beschreibung der Symptome verwendet werden.
Wie wird Zungenbrennen diagnostisch abgeklärt?
Die Diagnose kann oft frustrierend für Patienten sein. Betroffene erwarten in der Regel, dass der Arzt eine konkrete Ursache findet, welche sich dann lösen lässt. Das ist in der Regel aber nicht möglich. Es gibt keine Tests, welche einem zeigen, was die konkrete Ursache des Zungenbrennens ist.
Man kann höchstens einige Dinge, wie Vitaminmangel, oder Autoimmunerkrankungen, als Auslöser ausschließen. Durch Vitaminmangel verursachte Neuropathien sind aber in entwickelten Ländern selten, während Immunerkrankungen sich in aller Regel mit einer ganzen Reihe an weiteren Symptomen äußern, nicht nur Zungenbrennen. In manchen Fällen gibt es einen klaren zeitlichen Zusammenhang zu einem Auslöser, wie eine Zahnoperation, welche den Schaden verursacht haben könnte.
Danach werden Patienten in der Regel mit idiopathischem Zungenbrennen diagnostiziert, das heißt, Zungenbrennen mit unbekanntem Auslöser.
Wie weiß ich, ob stiller Reflux für mich die Ursache ist?
Meiner Erfahrung nach wird stiller Reflux als möglicher Auslöser von Zungenbrennen oft übersehen. Das liegt daran, dass es für stillen Reflux bisher weder weit akzeptieren und zuverlässige Diagnosemöglichkeiten gibt, noch effektive Medikamente. Entsprechend landen selbst Personen, für welche stiller Reflux das Zungenbrennen auslöst, mehrheitlich beim Arzt bei der Diagnose “Zungenbrennen unbekannter Ursache”.
Es gibt keine Möglichkeit, dir mit Sicherheit zu sagen, ob dein Zungenbrennen durch stillen Reflux ausgelöst wird. Falls du einen Verdacht hast, dass du stillen Reflux haben könntest, so macht jedoch eine probeweise Behandlung sehr viel Sinn (siehe weiter unten). Denn selbst wenn der stille Reflux nicht die Wurzel deines Problems sein sollte, so wirkt die Reizung eines unbehandelten stillen Reflux meiner Erfahrung nach mit hoher Wahrscheinlichkeit verstärkend auf Zungenbrennen.
Behandlungsoptionen für Zungenbrennen (und stillen Reflux)
Wird das Zungenbrennen durch stillen Reflux mitbedingt, so kann natürlich ein Refluxbehandlung Linderung bringen. Zusätzlich kann eine Therapie der Nervenschmerzen mit spezialisierten Medikamenten helfen.
Behandlung des stillen Reflux
Da es keine zuverlässigen Tests für stillen Reflux gibt, macht es Sinn, einfach für einige Wochen eine spezielle Diät durchzuführen. Die Ernährungsumstellung reduziert schnell den stillen Reflux. So kannst du beobachten, ob deine Symptome sich bessern.
Hier findest du einen detaillierten Artikel von mir zur Ernährung bei stillem Reflux, sowie hier generell Informationen zur Behandlung.
Schmerzbehandlung für Zungenbrennen
Bei neuropathischen Schmerzen wirken keine klassischen Schmerzmedikamente, wie Paracetamol oder Ibuprofen.
Es braucht auf Nervenschmerzen spezialisierte Wirkstoffe.
Leider gibt es nicht das eine Medikament, was für alle Betroffenen gleichermaßen wirkt. Oftmals müssen verschiedene Wirkstoffe ausprobiert werden. Zudem ist es selten, dass die Medikamente das Zungenbrennen zu 100 % beseitigen. Generell wird eine 80%ige Reduktion als großer Erfolg gewertet. Zudem haben Medikamente gegen Nervenschmerzen oftmals Nebenwirkungen. Meist geben sich diese Nebenwirkungen aber mit der Zeit, wenn der Körper sich an das Medikament gewöhnt. Es dauert zudem auch einige Wochen bis Monate, bis die Medikamente ihre volle Wirkung entfalten. Entsprechend kann es lange Zeit dauern, bis man die richtigen Wirkstoffe und die passende Dosis findet, weil man möglicherweise verschiedene Medikamente und Dosen ausprobieren muss.
Beispiele für Wirkstoffe, welche oft bei Nervenschmerzen, inklusive Zungenbrennen, eingesetzt werden, sind Amitryptilin, Gabapentin und Pregabalin.
Neben oralen Medikamenten gibt es jedoch auch lokal wirkende Optionen: spezielle Mundspülungen. Diese sind etwas schwieriger zu bekommen, da oftmals vom Arzt ein Rezept verschrieben wird, das in der Apotheke gemischt werden kann, etwa lokal wirkende Schmerzmedikamente. Entsprechend braucht es einen erfahrenen Arzt, welcher sich mit dem Thema auskennt. Mit diesen Gemischen kann man gurgeln, um kurzfristig Linderung zu bekommen, ohne die Nebenwirkungen auf den gesamten Körper zu haben.
Welcher Arzt kann beim Zungenbrennen helfen?
Leider ist es schwierig, einen Arzt zu finden, der sich gut mit dem Thema auskennt.
Als erste Anlaufstelle macht der Hausarzt Sinn.
Davon abgesehen empfehle ich dir, nach Ärzten in deiner Umgebung zu suchen, welche das Thema Zungenbrennen auf ihrer Webseite erwähnen. Meist sind das Zahnärzte, oder HNOs. Ein HNO wäre aber zu präferieren, insbesondere, wenn bei dir der Verdacht auf stillen Reflux besteht.
Alternativ kannst du auch nach Ärzten suchen, welche das Thema Gesichtsschmerz erwähnen. Meiner Erfahrung nach kennen diese Ärzte sich oft auch mit Zungenbrennen aus. Zudem sind sie vermutlich besser versiert, was das Thema Nervenschmerzen angeht. Vermutlich wirst du Schwierigkeiten haben, auf dem Land jemanden zu finden. In Großstädten zu suchen, vereinfacht es.
Ist Zungenbrennen heilbar?
Wird die Ursache von Zungenbrennen beseitigt, so bilden sich die Beschwerden oft mit der Zeit zurück. Wenn stiller Reflux ein (Mit-)Auslöser der Symptome ist, so kann eine Therapie mit der Zeit eine starke Linderung bringen, manchmal auch eine komplette Rückbildung der Symptome.
Es ist aber vorwiegend ein langfristiger Prozess und passiert selten von jetzt auf gleich.
Oftmals verbessern sich die Beschwerden auch von selbst mit der Zeit, da sich die Nerven entweder erholen, oder das Gehirn lernt, die Missempfindungen zu ignorieren.