Zuerst ein kurzer Einblick in die Grundlagen: Unter Reflux versteht man ein vermehrtes Aufsteigen von Mageninhalt in Richtung Speiseröhre. Da es sich dabei um ein aggressives Gemisch aus Säure, Magenenzymen und Galle handelt, wird die Speiseröhre angegriffen und in schlimmen Fällen sogar nachhaltig geschädigt. Regelmäßiger Reflux kann demnach Entzündungen in der Speiseröhre hervorrufen, man spricht von Refluxösophagitis. Dadurch werden wiederum die Schmerzrezeptoren in der Speiseröhre sensibilisiert und typische Symptome wie Sodbrennen treten auf.
Wenn Reflux unbehandelt bleibt, schreiten diese Entzündungen immer weiter voran. Um den Schweregrad einer Speiseröhrenentzündung eindeutig diagnostizieren zu können, haben Experten verschiedene Klassifikationssysteme entwickelt.
Zwei Klassifikationssysteme sind besonders weit verbreitet. Beide definieren den Grad der Refluxösophagitis in Abhängigkeit von der Größe der Entzündung: Je größer die flächenmäßige Entzündung, desto weiter fortgeschritten ist die Erkrankung.
Bestimmung des Grads mittels Ösophaguskopie
Mithilfe einer endoskopischen Untersuchung, die als Ösophaguskopie (Speiseröhrenspiegelung) bekannt ist, werden die Entzündungen in der Speiseröhre identifiziert. Dabei wird ein langer Schlauch mit einer winzigen Kamera durch den Mund des Patienten in dessen Speiseröhre eingeführt. Anhand der Klassifikationssysteme lassen sich die Veränderungen der Speiseröhre anschließend einer gewissen Stufe bzw. einem Grad zuordnen.
Klassifikation nach Savary und Miller
- Grad 1: Eine oder mehrere gerötete Entzündungsstellen in der Schleimhaut, die nicht ineinander übergehen.
- Grad 2: Größere, ineinander übergehende Entzündungsstellen, die jedoch nicht den gesamten Innenumfang der Speiseröhre einnehmen.
- Grad 3: Entzündungen nehmen den gesamten Innenumfang der Speiseröhre ein.
- Grad 4: Es sind Zylinderepithelzellen (die Zellart, die für Barrett Ösophagus typisch ist), Ulcus oesophagei (Speiseröhrengeschwür), und/oder eine Stenose (eine durch Entzündungen verursachte Verengung) erkennbar.1
Los-Angeles-Klassifikation
- Grad A: Eine oder mehrere Entzündungsstellen in der Schleimhaut, die maximal 5 mm lang sind.
- Grad B: Eine oder mehrere Entzündungsstellen in der Schleimhaut, von denen mindestens eine mehr als 5 mm lang ist.
- Grad C: Eine oder mehrere Entzündungsstellen, die einen Großteil des Innenumfangs der Speiseröhre einnehmen, aber insgesamt bei weniger als 75 % bleiben.
- Grad D: Eine oder mehrere Entzündungsstellen, die mindestens 75 % des Innenumfangs der Speiseröhre einnehmen.2
MUSE Klassifikation
Eine weitere Klassifikation sollte ebenfalls Erwähnung finden: Die sogenannte MUSE Klassifikation (aus dem Englischen für Metaplasia, Ulceration, Stricture formation and Erosions), die nicht nur die Größe der Läsionen, sondern auch deren Art berücksichtigt und wie diese auf die Speiseröhre einwirken. Dazu gehören metaplastische Veränderungen der Zellen (die Umwandlung einer Zellart in eine andere), Speiseröhrengeschwüre, Stenosen und Erosionen. Im Gegensatz zur Unterteilung in Grade wird die MUSE Klassifikation allerdings nur vereinzelt angewandt.3
Höherer Grad ≠ stärkere Symptome
Die Einteilung in Grade fokussiert darauf, wie ausgeprägt die sichtbaren Veränderungen der Speiseröhre sind.
Jedoch kann auch eine Speiseröhrentenzündung vom Grad A, bzw. Grad 1, starke Symptome verursachen. Manche Menschen haben sogar Sodbrennen, obwohl keine sichtbare Entzündung vorliegt und die Speiseröhre für den Arzt normal aussieht.
Umgekehrt kann eine stark vorangeschrittene Refluxerkrankung mit starken Veränderungen der Speiseröhre wenig Symptome verursachen. Teilweise nimmt in späteren Stadien der Erkrankung die Schmerzempfindlichkeit sogar ab.
Hier findest du mehr Informationen zur Behandlung von Refluxösophagitis.
Quellen
1. Genta RM, Spechler SJ, Kielhorn AF. The Los Angeles and Savary-Miller systems for grading esophagitis: utilization and correlation with histology. Diseases of the Esophagus. 2011;24(1):10-17. doi:10.1111/j.1442-2050.2010.01092.x
2. Sami S, Ragunath K. The Los Angeles Classification of Gastroesophageal Reflux Disease. Video Journal and Encyclopedia of GI Endoscopy. 2013;1(1):103-104. doi:10.1016/S2212-0971(13)70046-3
3. The “MUSE” system. http://www.oeso.org/OESO/books/Vol_3_Eso_Mucosa/Articles/ART073.HTML. Accessed February 27, 2020.